1.Bundesliga Damen 2022/2023

Saison 2022/23: 1. Bundesliga Damen rüstet nochmals auf

 Dr. Stephan Roscher  09.07.2022

Berlin. Vor wenigen Tagen hat offiziell die Saison 2022/23 begonnen. Eine spannende Spielzeit steht den Klubs und den Fans in der 1. Bundesliga Damen bevor. Die stärkste Liga Europas hat personell nochmals aufgerüstet und einige interessante Zugänge zu verzeichnen. Das Niveau in der Beletage des deutschen Damentischtennis dürfte folglich nochmals einen Tick nach oben gehen. Wir stellen die acht Teams in drei Folgen vor und beginnen mit Titelverteidiger ttc berlin eastside und Vizemeister TSV Langstadt, ohne dass dies eine Wertung oder Prognose bedeutet – im Profisport ist bekanntlich alles möglich.

Man kann nur hoffen, dass die Saison ohne Einschränkungen über die Bühne gehen kann, denn alle Beteiligten, am allermeisten die Spielerinnen selbst, freuen sich auf volle Hallen mit Hexenkessel-Atmosphäre. In circa sieben Wochen, die mit WTT-Turnieren und den Europameisterschaften in München gut gefüllt sind und wie im Flug vergehen werden, fällt der Startschuss für genau jene acht Bundesligisten, die wir bereits aus der letzten Saison kennen. Alle haben zumindest Ambitionen auf die Play-offs, einige wollen mehr. Andererseits könnte es auch einen spannenden Abstiegskampf geben, denn schwache Mannschaften wird man vergeblich suchen.

Angeführt wird das Feld vom Champion ttc berlin eastside, der nicht nur die Titelverteidigung im Visier hat, sondern auch das fünfte Triple der an Erfolgen so reiche Vereinsgeschichte. Ein interessanter Kader mit zwei international sehr erfolgreichen neuen Spielerinnen, eine davon erst 19, wurde zusammengestellt. Dahinter lauern hungrige Rivalen darauf, den Hauptstädterinnen ein Bein stellen zu können, allen voran Vizemeister TSV Langstadt mit prominenter Verstärkung aus Hongkong. Aber auch Pokalsieger SV DJK Kolbermoor ist heiß auf weitere Titel und Erfolge und hat das Team gezielt verstärkt.

Doch eigentlich kann man gar nicht allzu viel vorhersagen. So könnte ohne Weiteres auch ein Verein in das obere Drittel vorstoßen, der bisher noch nicht zur Spitzengruppe zählte. Als möglichen Kandidaten haben manche da den TTC Weinheim im Auge, der als Aufsteiger ein Jahr der Akklimatisierung in der nationalen Eliteliga hinter sich hat und nun mit namhaften Neuzugängen höhere Ziele ansteuern möchte.

Mit dem ESV Weil und dem TSV Schwabhausen gehen nur zwei Vereine – frei nach der Devise „never change a winning team“ – ohne neues spielendes Personal in die Saison 2022/23.

So oder so: Eine spannende Saison mit Damentischtennis auf Topniveau deutet sich schon Wochen vorher an. Genießen wir die Vorfreude mit einem Blick auf die einzelnen Mannschaften des Oberhauses.

 

ttc berlin eastside

Der Serienmeister ist im deutschen Damentischtennis nach wie vor das Maß der Dinge und will es auch bleiben. Auch in der kommenden Saison wird das Team von Cheftrainerin Irina Palina mit einem Topkader auf drei Hochzeiten tanzen und die Chancen stehen nicht schlecht, nach dem hauchdünnen, unglücklichen Scheitern in Europas Königsklasse sowie im nationalen Pokalwettbewerb – zweite oder dritte Plätze zählen für einen Klub mit dieser Erfolgsgeschichte nicht – diesmal wieder richtig zuzuschlagen. Das fünfte Triple der Klubhistorie liegt durchaus im Bereich des Machbaren, auch wenn Manager Andreas Hain dies nicht explizit als Saisonziel deklariert: „Wir wollen selbstverständlich so viele Titel wie möglich gewinnen. Ob und wie viele es sein werden, wird man sehen…“.

Der Kader wird sich ein wenig verändern. Britt Eerland wechselt – wie schon lange bekannt – nach Spanien sowie die beiden deutschen Top-Nationalspielerinnen Nina Mittelham, die vor Kurzem beim WTT Lima Contender in Peru ihren ersten Titel auf Weltebene einfuhr, und Shan Xiaona nach Japan. Viele rechnen jedoch damit, dass beide zur Rückrunde in die Hauptstadt zurückkehren werden, um gemeinsam mit dem ttc eastside die großen Saisonziele in Angriff zu nehmen, auch wenn Hain („das wird man sehen ….“) dies zurzeit noch nicht bestätigen möchte.

Lee Ho Ching kommt aus Hongkong und dürfte eine echte Verstärkung werden. Die 29-jährige Angriffsspielerin ist aktuell als 53. in der Weltrangliste verzeichnet, was nicht ihr tatsächliches Leistungsvermögen widerspiegelt. Im Januar 2018 wurde sie noch an Position zwölf gelistet – eine potenzielle Top 20-Spielerin ist sie allemal. Zudem gilt sie als Doppel-Spezialistin. Lee wird sicher nicht immer zum Einsatz kommen. „Sie wird dann spielen, wenn wir sie brauchen“, erklärt Hain.

Aus Russland schloss sich die 19-jährige Elizabet Abraamian, eine der weltbesten Juniorenspielerinnen, dem ttc eastside an. Die neue Nummer zwei des Hauptstadtklubs war im ITTF-Ranking vor einigen Wochen bereits an Position 25 angekommen, im Moment ist sie die Nummer 36. Eine schon jetzt sehr erfolgreiche Spielerin mit großer Zukunft. In Berlin ist man von ihrer Qualität überzeugt. „Sie wird Eerland mehr als gleichwertig ersetzen“, ist Hain überzeugt.

Aus Kolbermoor kommt die 39-jährige Defensivkünstlerin Ran Li-Kath, die schon früher viele Jahre in der Hauptstadt aufgeschlagen hat. Sie ist keineswegs nur als Backup gedacht und „wird regelmäßig in der Bundesliga spielen“, so der Manager. Vom TSV Langstadt wurde mit der erst zwölf Jahre alten Josephina „Josi“ Neumann Europas größte Nachwuchshoffnung verpflichtet. Auch sie wird im Oberhaus als dann jüngste Bundesligaspielerin aller Zeiten an den Tisch gehen: „Sie wird einige Einsätze haben und auch Spiele gewinnen!“, lässt Hain keinen Zweifel aufkommen.

Geblieben sind die ambitionierte Linkshänderin Sabina Surjan und die routinierte Abwehrspielerin Ding Yaping. Weiterhin gemeldet sind die Aserbaidschanerin Jing Ning und die Singapur-Chinesin Lin Ye – letztere blieb in der Vorsaison bei ihren Einsätzen im eastside-Dress ohne Niederlage. An Bord bleibt auch Kathrin Mühlbach, während die frühere deutsche Nationalspielerin Jessica Göbel ihre überaus erfolgreiche aktive Karriere beendet hat. „Jessica wird dem ttc eastside aber als Trainerin erhalten bleiben“, erklärt der Manager. „Der Kader für die Champions League kann erst nach dem Meldeschluss der ETTU benannt werden“, fügt Hain hinzu.

 

TSV 1909 Langstadt

Wai Yam Minnie Soo – auch der Vizemeister und Vizepokalsieger hat nun sein Ass aus Hongkong. Die 24-jährige internationale Topspielerin konnte man auf den letzten Drücker als Neuverpflichtung für das Bundesligateam präsentieren. Manchem deutschen Tischtennis-Fan dürfte die Asiatin noch in leidvoller Erinnerung sein. Denn Minnie Soo war es, die bei den Olympischen Spielen in Tokio im Spiel um Platz 3 gegen die deutsche Nationalmannschaft gleich zwei Einzelsiege für ihr Nationalteam verbuchte. Gegen die DTTB-Asse Han Ying und Shan Xiaona gewann sie in jeweils vier Sätzen und hatte damit wesentlichen Anteil am 3:1-Erfolg von Hongkong und der damit verbundenen Bronzemedaille.

Dass Minnie Soo derzeit lediglich auf Platz 154 der Weltrangliste geführt wird, kann man getrost vernachlässigen. Das internationale Ranking wurde nämlich nach einer Neuberechnung nach einem neuen System Anfang Mai vollkommen durcheinander gewirbelt. „Wenn man ein paar Turniere nicht spielt, geht‘s rapide nach unten“, wie Langstadts Sportlicher Leiter Manfred Kämmerer erläutert.

Die modebewusste Hongkong-Chinesin Minnie Soo, die auch schon mit pinkrosafarbenem Haarstyle Aufsehen auf internationalen Turnieren erregte, war zum Beispiel im Februar 2018 als Nummer 25 der Welt notiert worden und stand sehr lange unter den TOP 40 des internationalen Damen-Tischtennis. Sie ist World-Tour-erprobt und gilt zudem als exzellente Doppelspielerin.

Kämmerer zerstreut Spekulationen, dass hier lediglich eine namhafte Spielerin als Backup für besondere Situationen verpflichtet worden sein könnte. „Natürlich will und soll Minnie auch spielen“, sagt der Sportliche Leiter des TSV. „Wie oft, das wird man sehen. Das hängt natürlich auch von den internationalen Turnieren ab, die sie spielen wird.“ In Südhessen freut man sich auf den Neuzugang: „Mit Minnie Soo verstärkt uns eine Topspielerin, die uns viele Variationsmöglichkeiten bei der Aufstellung gibt“, so Kämmerer. „Wir hatten in der letzten Saison ausgerechnet im Finale gegen Berlin mit Verletzungsproblemen zu kämpfen. In der Saison hatten wir letztlich auch viel Glück, dass wir ohne Verletzungs- bzw. Corona-Probleme durchgekommen sind. Dieses Risiko wollten wir in der neuen Saison nicht mehr eingehen.“ Kämmerer fügt hinzu: „Die Fans dürfen sich auf Minnie mit ihrer offensiven und attraktiven Spielweise bereits jetzt freuen. Dazu ist sie ein total cooler Typ und passt hervorragend in unser Team.“

Das erfolgreiche deutsche Quartett Petrissa Solja, weiterhin auf der Spitzenposition gemeldet, Chantal Mantz, Franziska Schreiner und Tanja Krämer bleibt komplett an Bord, wobei Schreiner und Krämer im in die 2. Bundesliga aufgestiegenen B-Team gemeldet sind und auch dort von Fall zu Fall einige Spiele bestreiten können. Schließlich soll die junge Mannschaft im Unterhaus gehalten werden.

In Langstadt ist man stolz darauf, nun in folgenden Spielklassen vertreten zu sein: 1. Bundesliga, 2. Bundesliga, Regionalliga, Hessenliga – dementsprechend wurden junge Toptalente aus Hessen verpflichtet, um den Unterbau zu stärken und mit frischen Perspektiven zu versehen. Der bekannteste Neuzugang der jugendlichen Kategorie ist die 13-jährige amtierende deutsche Schüler-Meisterin Lorena Morsch, die in der 2. Mannschaft in der 2. Liga zum Einsatz kommen wird.

Der TSV gibt kein konkretes Saisonziel aus und verlangt von seinen Spielerinnen keine Titel. Dass man mit diesem Kader jedoch wieder ganz oben mitspielen dürfte und sollte, ist natürlich jedem beim hessischen Vorzeigeklub klar.

 

TSV Schwabhausen

In Schwabhausen greift man nicht nach den Sternen und ist gut geerdet. Man setzt auf langsamen, kontinuierlichen Aufbau und nicht darauf, wie Phönix aus der Asche zu schießen und dann vielleicht ebenso rasch wieder abzustürzen.

Die Saison 2020/21 schloss man auf Platz vier ab, die letzte Spielzeit auf dem dritten Rang. Nach starker Punktrunde war dem Team um Sabine Winter beide Male in den Play-offs das Glück nicht hold. Vorletzte Saison scheiterte man im Viertelfinale in drei packenden Begegnungen an einem über sich hinauswachsenden ESV Weil, während man sich zuletzt in der ersten Play-off-Runde einem extrem stark aufspielenden SV DJK Kolbermoor in der Derby-Serie nach drei Unentschieden geschlagen geben musste. Man kann inzwischen von der Faustregel ausgehen: Schwabhausen in den Play-offs: Das wird spannend und kann dauern …… Das Pokal Final Four hatte man 2020/21 erreicht und dort hauchdünn die Hürde Kolbermoor gerissen. Zuletzt in Hannover hatte man kein Losglück und zog in der Gruppe knapp gegen den späteren Finalisten Langstadt den Kürzeren.

Nun wäre, konsequent weitergedacht, eigentlich das Play-off-Halbfinale in der Meisterschaft fällig. Und im Pokalwettbewerb zumindest das Final Four. Es geht eben Schritt für Schritt voran und ein umsichtiger Tischtennislehrer wie Alexander Yahmed ist als TSV-Trainer bestrebt, die Spielerinnen, die ihm zur Verfügung stehen, gezielt zu verbessern. Auch wieder nicht kometenhaft, sondern Schritt für Schritt und nachhaltig. Bisher mit sehr gutem Erfolg.

Folglich wartet man auf spektakuläre Transfermeldungen bei den Oberbayern vergeblich. Es ist lediglich eine Personalie zu vermelden, eine Spielerin aus dem bisherigen Sextett steht nicht mehr zur Verfügung. Abteilungsleiter Helmut Pfeil stellt fest: „Bei uns gibt es eigentlich nur zu berichten, dass uns Mateja Jeger verlassen wird, um in Weinheim zu spielen. Neuzugänge für die 1. Liga haben wir keine.“

Die kroatische Nationalspielerin, die sich dem Ligarivalen aus Nordbaden anschloss, war in den letzten Jahren besonders dann sehr erfolgreich, wenn sie im hinteren Paarkreuz aufschlagen konnte. Ihr variables Kurznoppenspiel stellt viele Gegnerinnen vor Probleme. Dennoch ist man überzeugt, ihren Weggang mit dem angestammten Personal kompensieren zu können.

Mit Sabine Winter, die im Juni in Saarbrücken – eigentlich lange überfällig – nach sechs Doppel-Titeln endlich erstmals auch Deutsche Einzelmeisterin werden konnte, verfügt man über eine Spitzenkraft, um die sämtliche Konkurrenten den TSV beneiden. Mit ihrer 21:2-Bilanz war sie letztes Jahr einmal mehr erfolgreichste Spielerin der Bundesliga-Punktrunde. An Position zwei finden wir die Weltranglisten-67. Liu Yangzi (Australien), die sich letzte Saison im deutschen Oberhaus gut akklimatisiert hat. Mit ihren 20 Jahren besitzt Liu zudem alle Möglichkeiten, sich weiter zu verbessern – eine Spielerin mit gigantischem Potenzial.

Hinter Winter und Liu wird es extrem ausgeglichen: Die Nummer drei ist die weißrussische Abwehrspezialistin Alina Nikitchanka, die schon manche stärker eingeschätzte Gegnerin „zersägt“ hat. Es folgen die beiden Ungarinnen Mercedesz Nagyvaradi und Orsolya Feher, letztere im B-Team (3. Bundesliga Süd) gemeldet. Beide konnten letzte Saison positive Bilanzen verbuchen und gelten zudem als starke Doppel-Spielerinnen. Vielleicht könnte sich auch eine Spielerin wie die 18-jährige Holländerin Emine Ernst im Lauf der Saison ins Rampenlicht spielen, die etatmäßig auch in der 3. Liga aufschlagen wird. Für alle Fälle steht auch noch die 20-jährige US-Nationalspielerin Crystal Wang auf dem Meldebogen, die sich in der Bundesliga gewiss auch nicht verstecken muss.

So oder so: Mit diesem substanzvollen Kader muss dem TSV Schwabhausen vor der kommenden Saison nicht bange sein.

 

ESV Weil

Der ESV Weil verfügt über keine Stars. Der Star ist bei den Südbadenerinnen ausschließlich die Mannschaft – und dieses Konzept passt und war bisher sehr erfolgreich. Regelmäßig wachsen die fünf Spielerinnen in den Pflichtspielen über sich hinaus, eine fightet und „arbeitet“ für die andere, sodass der ESV als Team weit besser ist als bloß die Summe seiner Einzelspielerinnen.

Zweimal bereits hat die Konkurrenz in dem Quintett einen potenziellen Abstiegskandidaten gewittert, doch zweimal hat die Truppe aus dem äußersten Südwesten eindrucksvoll gezeigt, dass man sie stets auf der Rechnung haben sollte. 2020/21 kam man als Aufsteiger im Oberhaus an und hatte eigentlich nichts anderes im Sinn, als irgendwie die Klasse zu halten. Doch es wurde eine furiose Premierensaison. Man sicherte sich gleich einmal die Final-Four-Teilnahme im Pokalwettbewerb. Im Halbfinale war dann der spätere Cupsieger ttc berlin eastside erwartungsgemäß eine Nummer zu groß. In der Liga lief man auf einem hervorragenden fünften Platz ins Ziel ein und präsentierte den Fans anschließend eine spektakuläre Zugabe. Im Viertelfinale rang man den klar favorisierten TSV Schwabhausen in drei geradezu unfassbar spannende Partien nieder und zog sensationell ins Halbfinale ein. Auch dort stellte der spätere Champion berlin eastside dann eine zu hohe Hürde dar.

2021/22 sah es in der Punktrunde noch souveräner aus, die man erstmals mit positivem Punktekonto auf Platz vier beendete. In den Viertelfinal-Play-offs stand man dann der SV Böblingen gegenüber und abermals ging es über die volle Distanz von drei hoch spannenden Duellen. Am Ende hatte der ESV die Nase knapp vorne und durfte sich über die zweite Halbfinalteilnahme in Folge freuen. Die Endstation war dann, wie gehabt, der ttc eastside mit seiner Ausnahmetruppe. Im Pokal verfehlte man in Hannover das Final Four, da man sich in der Gruppe dem späteren Pokalsieger Kolbermoor beugen musste. Alles in allem hat man aber zwei äußerst erfolgreiche Spielzeiten hinter sich gebracht, die besten der bisherigen Vereinsgeschichte.

Never change a winnig team – kein Grund also, am Kader irgendetwas zu verändern. Jedenfalls ist man im Dreiländereck felsenfest davon überzeugt, auch 2022/23 wieder viel Freude an den Darbietungen der Mannschaft zu haben und setzt unverändert auf die Serbin Izabela Lupulesku, die Kroatin Hana Arapovic, die Bulgarin Polina Trifonova, die Ukrainerin Ievgeniia Sozoniuk und die Brandenburgerin Vivien Scholz. Gemeldet sind die fünf in dieser Reihenfolge, man hat also die Aufstellung ein wenig durcheinander gewirbelt. Mit Trifonova und Sozoniuk schlagen die beiden erfahrensten Spielerinnen nun hinten auf und dürften da für jeden Gegner zur echten Herausforderung werden. Hinten spielt auch Vivien Scholz, die in der 2. Mannschaft gemeldet ist und dort gerne auch das eine oder andere Spiel bestreitet, da sie die „Erdung“ an der Basis schätzt. Doch die 25-Jährige, die inzwischen für Luxemburg munter auf WTT-Turnieren unterwegs ist, zählt natürlich ebenso zur Bundesligatruppe wie die übrigen Vier.

Abteilungschefin Doris Spiess erklärt: „Bei uns gibt es keine Veränderung im Kader. Die Mannschaft hat sich in der letzten Saison hervorragend geschlagen, die Spielerinnen fühlen sich wohl hier, es gab also keinen Grund für einen Wechsel.“

Eine muss man dennoch gesondert hervorheben, eine mit deren Verpflichtung zur Saison 2021/22 der „Eisenbahner-Sportverein“ ein sehr gutes Händchen bewiesen hat. Die Kroatin Hana Arapovic kam als gerade 17 gewordenes europäisches Toptalent als Nachfolgerin von Sophia Klee ins Dreiländereck und hat dort vom ersten Spiel an alle Zweifler überzeugt. Arapovic hatte überhaupt keine Mühe, sich an das naturgemäß sehr hohe Niveau in Deutschlands Eliteliga anzupassen und glänzte dort sogleich mit einer 14:4-Bilanz. Sie hat kein einziges Match gegen eine gegnerische Nummer Vier verloren. Man darf gespannt sein, ob die jüngste ESV-Spielerin nun einen weiteren Sprung vollziehen und auch im Spitzenpaarkreuz bestehen kann.

Der ESV Weil ist gekommen, um zu bleiben. Es wäre keine Überraschung, wenn dies erneut gelänge, vielleicht wieder ähnlich souverän wie in den beiden letzten Jahren. Man hat ja längst bewiesen, dass man dazu im Dreiländereck keine Topstars benötigt.

 

SV Böblingen

Die SV Böblingen hat eine merkwürdige und gewiss auch denkwürdige Saison 2021/22 hinter sich, die aus zwei vollkommen ungleichen Teilen bestand.

0:14 Zähler nach der Vorrunde und 0:16 Punkte nach acht Partien, in denen so ziemlich alles schief gelaufen war, was schieflaufen konnte, und in denen man zudem nicht gerade vom Glück gesegnet war. Damals war durchaus damit zu rechnen, dass es einen Absteiger geben würde und die SVB war – trotz ihres starken Spitzenpaarkreuzes mit Qianhong Gotsch und Annett Kaufmann – erster Anwärter auf eine „Ehrenrunde“ im Unterhaus. Doch dann begann sich die personelle Aufrüstung zur Rückrunde mit der wendigen Taiwanerin Lin Chia-Hsuan und der Deutsch-Ungarin Leonie Hartbrich im hinteren Paarkreuz auszuzahlen. Man verbuchte in den nachfolgenden Partien 9:3 Punkte und spielte manchen Rivalen eindrucksvoll an die Wand, sodass man am Ende sogar noch auf Platz fünf ins Ziel einlief und, lange unvorstellbar, die Teams aus Kolbermoor, Weinheim und Bingen hinter sich ließ.

In den Play-offs gegen die Weilerinnen musste man dann zwar ohne Lin auskommen, war aber inzwischen richtig heiß gelaufen und scheiterte auch ohne die bärenstarke Asiatin in drei aufregenden Partien letztlich an zwei Bällen.

Im Pokalwettbewerb hatte man, noch vor der Wende zum Guten, immerhin das Final Four erreicht, hatte im Halbfinale jedoch dem späteren Turniersieger Kolbermoor gratulieren müssen.

Am Ende der Saison konnte man aber eine Menge positiver Eindrücke und reichlich Motivation für die neue Runde mitnehmen. Eine Zittersaison möchte man bei den Schwaben nicht mehr erleben und hat die Mannschaft nun so aufgestellt, dass eigentlich nichts mehr danebengehen sollte.

Vorne werden, wie gehabt, „Hongi“ Gotsch und Annett Kaufmann aufschlagen. Es gibt nach wie vor kaum Spielerinnen in der Liga, die es gegen Gotschs virtuoses Defensivspiel leicht haben – auch mit 53 dürfte Böblingens Tischtennis-Ikone für positive Bilanzen garantieren. Und für die gerade 16 gewordene Kaufmann – ein solcher Altersunterschied zwischen der Nummer eins und zwei wäre wohl etwas für das noch nicht geschriebene „Guinness Buch der Tischtennis-Rekorde“ – arbeitet ohnehin die Zeit. Das SVB-Nesthäkchen verbessert sich ständig und ist als DTTB-Nationalspielerin auf sehr vielen hochkarätigen internationalen Turnieren vertreten. Sie ist unter anderem amtierende U15-, U19- und U21-Europameisterin, was ihre Ausnahmestellung im europäischen Jugend- und Juniorenbereich dokumentiert. Natürlich treten noch stärkere Schwankungen auf, wenn man als Teenager ständig um die Welt jettet und auf gepackten Koffern lebt. Und jetzt kommt moch eine richtig gute Nachricht: Die spielstarke und bei den Fans beliebte Linkshänderin Lin Chia-Hsuan, die bisher erst ein einziges Match im SVB-Dress verloren hat, konnte gehalten werden und schlägt als Nummer drei auf. Mit ihr wird auch das hintere Paarkreuz enorm stark sein. Hinter Lin ist die routinierte Yanhua Yang-Xu gemeldet, die lange verletzt war, inzwischen aber wieder einsatzfähig ist. Die Nummer fünf ist neu: Die 20-jährige englische Nationalspielerin Charlotte Bardsley kam vom Zweitligisten TTC Langweid an den Böblinger Silberweg. Bardsley ist zunächst noch nicht für den ständigen Ligaeinsatz vorgesehen. „Sie beginnt im September ein Studium“, erläutert Manager Frank Tartsch. „Da sie noch nicht weiß, inwieweit sie das beanspruchen wird, passt für sie die Rolle als Ergänzungsspielerin sehr gut.“ Selbstverständlich gehört auch Leonie Hartbrich weiter zum Bundesligakader, die – nach etwas unglücklichem Start – gerade gegen Ende der Rückrunde vorzügliche Leistungen abrufen konnte.

Nicht mehr dabei sind Alexandra Kaufmann, die zum VfL Sindelfingen in die 3. Liga wechselt, sowie Defensivspielerin Rosalia Behringer, die aus beruflichen Gründen Baden-Württemberg verließ und künftig für den TuS Uentrop in der 2. Bundesliga aufschlagen wird.

Insgesamt stellt die SVB in der kommenden Saison ein Team, das, wenn alles gut läuft und man von Verletzungspech verschont bleibt, sogar an das Tor zu den Play-offs anklopfen könnte. In einer Aufstellung Gotsch, Kaufmann, Lin, Hartbrich etwa sollte man mit fast jedem Gegner in Europas Topliga mithalten können.