Saison 2024/25

Später Rundenbeginn, mindestens vier Teams mit Meisterschaftsambitionen

Von Stephan Roscher|August 29, 2024

In diesen Tagen lesen wir viel über den Saisonstart in der TTBL, wo es bereits seit letzten Freitag mit Hochspannung zur Sache geht. Mancher Fan der 1. Bundesliga Damen wird sich indes fragen, wann dort der Startschuss fällt und wem Titelchancen eingeräumt werden. Obwohl noch Zeit ist, erst im Oktober geht es an die Tische, werden wir versuchen, erste vorsichtige Antworten zu geben, was die Freunde des Top-Mannschaftstischtennis der Damen in dieser Saison erwarten dürfen. Wer möglichst schnell etwas erleben möchte, sollte zunächst den Fokus auf die Champions League legen, wo schon in zehn Tagen in Berlin ein erstes Highlight ansteht.

Bundesliga-Damen setzten Akzente bei Olympia

Die Olympischen Spiele in Paris haben Lust auf mehr gemacht, gerade bei den deutschen Damen, die sich trotz zweier schwerwiegender verletzungsbedingter Ausfälle in die Herzen der Fans spielten und nur knapp die Bronzemedaille verfehlten. Mit einer gerade 18-jährigen „Leaderin“, Annett Kaufmann, die mitreißende Leistungen zeigte und ihre Bundesligakolleginnen Shan Xiaona und Yuan Wan auch in brenzligen Situationen immer wieder aufbaute. Alle drei werden wir auch in dieser Saison in der höchsten Frauen-Spielklasse bewundern dürfen, wobei Shan allerdings erst wieder in der Rückrunde einsteigen wird.

Doch zu erwähnen ist natürlich auch das Riesenpech der Berliner Führungsspielerin Nina Mittelham, die aufgrund einer im Einzel erlittenen Bandscheibenverletzung für den Teamwettbewerb aufgeben musste. Mit der 27-jährigen Ausnahmespielerin, aktuelle Nummer 17 der Welt, wäre die Chance auf eine Medaille der DTTB-Mannschaft groß gewesen.

Pech in Paris, doch in der Liga, im Pokal sowie zunächst einmal in der Champions League will Nina Mittelham wieder auftrumpfen.

Von einer Liga, in der Mittelham und Kaufmann – neben vielen weiteren einheimischen und internationalen Assen – aufschlagen, darf man einiges erwarten. Wie schon in der Vorsaison, in der Mannschaften wie Berlin, Weinheim, Langstadt und Dachau glänzten, ebenso wie eine Bingener Truppe ohne Stars, deren Team Spirit vorbildlich war und sie um ein Haar ins Halbfinale geführt hätte.

Sollstärke nicht erreicht

Doch die schlechte Nachricht dürfen wir nicht unter den Teppich kehren. Die SV Böblingen und der SV SCHOTT Jena sind bekanntlich nicht mehr dabei. Gerade der Rückzug der Böblingerinnen – zuletzt gehörte der Klub seit 2006 ohne Unterbrechung der höchsten deutschen Spielklasse an – war eine Tragödie. Nach dem Tod von Macher Frank Tartsch, der die ganze Liga zeitweilig in Schockstarre versetzte, war das Profitischtennis für den schwäbischen Ausnahmeverein nicht mehr zu stemmen. Alle Versuche, neben dem Wiederaufsteiger ESV Weil einen weiteren Zweitligisten zu bewegen, sein Glück ganz oben zu versuchen, haben leider nicht gefruchtet, sodass die Liga in der Saison 2024/25 die Sollstärke von acht Teams nicht erreicht und zu siebt spielt.

Startschuss am 13.10. in Weil

Daraus folgt, dass jeder Teilnehmer jeweils nur sechs Heim- und Auswärtsspiele in der regulären Punktrunde zu absolvieren hat, was zweifellos schade für die Fans ist, aber auch weniger Termindruck als zuletzt bedeutet. Somit fällt der Startschuss erst am 13. Oktober, wenn der Aufsteiger aus dem Dreiländereck in heimischer Halle auf den TSV Dachau 65 trifft. Titelverteidiger ttc berlin eastside greift sogar erst am 10. November ins Ligageschehen ein, dann aber mit einem echten Knaller, nämlich dem Heimspiel gegen einen vielversprechend verstärkten TSV Langstadt, der letzte Saison erst im Golden Match des Halbfinales die Segel streichen musste.

Ievgeniia Sozoniuk wird am 13.10. im Eröffnungsspiel gegen Dachau im vorderen Paarkreuz des ESV Weil aufschlagen.

Sieben Teams wollen es wissen

Die Leistungsdichte in der deutschen Topliga, gemeinsam mit Frankreichs Pro A zweifellos die stärkste Damenklasse in Europa, ist enorm, die Teams sind enger zusammengerückt. Und diesmal scheint das Titelrennen offener denn je zu sein.

Es gibt keinen Absteiger, somit kann Aufsteiger Weil ganz ohne Druck sein Potenzial entfalten, doch in die Play-offs wollen alle – und vier oder fünf Teams könnten durchaus auf Augenhöhe sein, wobei es natürlich immer auch darauf ankommt, wer wie oft seine besten Spielerinnen einsetzen kann. Die internationalen Verpflichtungen der vielen Topspielerinnen in der 1. Bundesliga Damen werden auch in der nacholympischen Saison kaum weniger werden und der ständige Kampf um WTT-Titel und -Platzierungen sowie Weltranglistenpunkte wird auch die Liga wieder immens beeinflussen – möglichst große Kader können da nur von Vorteil sein.

Ein erster Überblick über die Teams deutet an, welche Qualität vorhanden ist.

Titelverteidiger ttc berlin eastside muss zwar künftig auf Britt Eerland verzichten, dafür stößt aber Mia Griesel, 18-jähriges DTTB-Nachwuchs-Ass mit großem Potenzial, zum Team. Und von der zuletzt in der Liga glänzend akklimatisierten 14-jährigen Josi Neumann wird ein weiterer Sprung erwartet. Nina Mittelham, Ding Yaping, Sabina Surjan und natürlich später wieder Penholder-Ass Shan Xiaona – damit kann man gegen jeden Gegner bestehen, zumal weitere erfahrene Spielerinnen wie Ran Li-Kath und Kathrin Mühlbach auch weiterhin zur Verfügung stehen. Beim ttc eastside wird manches davon abhängen, die Belastung gut zu steuern und von Fall zu Fall clever zu rotieren, da man diesmal in drei Wettbewerben zu bestehen hat und die volle Ausbeute von drei Titeln anstrebt.

Josi Neumann wird gewiss wieder zahlreiche Einsätze beim Serienmeister erhalten.

Vizemeister TTC 46 Weinheim geht davon aus, die Abgänge von Bruna Takahashi (Frankreich) und Sophia Klee (Langstadt) durch die Zugänge Cheng Hsien-Tzu (Langstadt) und Ece Harac (Jena) kompensieren zu können. Neu im Kader ist mit der 22-jährigen Taiwanerin Chien Tung-Chuan auch eine spielstarke Linkshänderin, die unter den Top 50 der Welt notiert ist. Auch die starke US-Amerikanerin Rachel Sung, mit 20 Jahren noch recht jung, könnte – im Gegensatz zur Vorsaison – von Fall zu Fall zum Einsatz kommen. Und eine Mateja Jeger mit ihrem gekonnten Kurznoppenspiel muss man auch erst einmal schlagen. Die Fans werden wieder wie ein Mann hinter den Nordbadenerinnen stehen. Mit vereinter Kraft und einer weiter verbesserten Yuan Wan könnte man auch diesmal weit kommen.

Yuan Wan wird auch diese Saison im Weinheimer Spitzenpaarkreuz aufschlagen.

Der TSV Langstadt hat neben Sophia Klee, die sehr gut ins Mannschaftsgefüge passen dürfte, die 26-jährige Thailänderin Orawan Paranang geholt. Paranang ist Dauergast in den Top 40 der Weltrangliste und soll zwar nicht immer, aber auch nicht selten spielen. Vermutlich wird sie gegen keine Kontrahentin chancenlos sein. Zudem stehen ja weiterhin Franziska Schreiner, Chantal Mantz und Izabela Lupulesku zur Verfügung. Insgesamt scheint das Team noch einen Tick stärker zu sein als in der Vorsaison. Selbst in den Partien, in denen Paranang nicht zur Verfügung steht, kann man ein starkes Quartett stellen.

Franziska Schreiner will mit dem TSV Langstadt in Meisterschaft und Pokal Akzente setzen.

Der TSV Dachau 65 musste zwar Liu Yangzi abgeben, ist aber mit Sabine Winter, Ho Tin-Tin und Alina Nikitchanka weiterhin gut aufgestellt, zumal mit der 21-jährigen Südkoreanerin Byun Seoyoung eine spielstarke Ostasiatin unter Vertrag genommen werden konnte. Das 14-jährige DTTB-Nachwuchs-Ass Koharu Itagaki ist aus Jena gekommen und dürfte sich in ihrem zweiten Erstligajahr an die raue Luft in der Topliga endgültig gewöhnen. Weitere Toptalente wie Naomi Pranjkovic, Emine Ernst und Theresa Faltermaier können jederzeit zu Einsätzen im Oberhaus kommen, auch wenn sie zunächst zum Stamm des „B-Teams“ zählen.

Koharu Itagaki (hier noch im Jenaer Dress) will in Dachau den nächsten Schritt machen.

Nicht zufrieden sein konnte der SV DJK Kolbermoor mit der letzten Saison, in der die Ziele in Meisterschaft und Pokal nicht erreicht wurden. Dies könnte sich nun signifikant ändern. Die Oberbayern können 2024/25 eine Topmannschaft ins Rennen schicken. Mit Annett Kaufmann und Qianhong Gotsch hat man das Böblinger Spitzenpaarkreuz komplett übernommen – ein ziemlich genialer Schachzug. Auch für die Liga, der damit zwei herausragende Spielerinnen erhalten geblieben sind. Den Weggang von Defensivstrategin Svetlana Ganina (zum Zweitligisten TuS Uentrop) kann man folglich locker kompensieren. Auch weil Kristin Lang, Hana Arapovic, Dina Meshref, Swastika Gosh und Laura Tiefenbrunner geblieben sind. Sollte es gelingen, in den wichtigen Partien in Topbesetzung anzutreten, muss sich die Konkurrenz gewiss warm anziehen.

Hana Arapovic will sich in dieser Saison an der Seite ihrer prominenten Teamkolleginnen weiter steigern. Vom Potenzial ist die junge Kroatin eigentlich eine Kandidatin für das Spitzenpaarkreuz.

Die TTG Bingen/Münster-Sarmsheim blickt auf eine gute letzte Saison zurück. Nach zweijähriger Flaute war man endlich wieder in den Play-offs vertreten und zog gegen die favorisierten Langstädterinnen erst im Golden Match des Viertefinales knapp den Kürzeren. Man konnte das eingespielte, glänzend harmonierende und doppelstarke Quartett Lea Rakovac, Elena Kuzmina, Katerina Tomanovska und Karolina Mynarova halten. Überdies ist auch US-Star Sally Moyland weiter im Kader wie auch die ambitionierte Inderin Diya Chitale. Hinzugestoßen ist mit der aus Jena gekommenen Shi Qi eine erfahrene Bundesligaspielerin.

Zu einem (erfolgreichen) Einsatz kam Sally Moyland in der Saison 2034/24. Man darf gespannt sein, ob wir sie in der neuen Spielzeit öfters in Bingen sehen werden (Foto: Rainer Oppenheimer).

Last not least der ESV Weil. Das Aufstiegsteam blieb im Wesentlichen unverändert. Mit der 18-jährigen Waliserin Anna Hursey verfügt man über eine ambitionierte, steigerungsfähige Spitzenspielerin, die bereits in den Top 100 der Welt angekommen ist. Mit der Ukrainerin Ievgeniia Sozoniuk ist eine überaus erfahrene Materialspielerin mit an Bord, die man in der 1. Bundesliga schon schmerzlich vermisst hatte. Und mit der 19-jährigen Lea Lachenmayer schlägt eine richtig gute junge Defensivspielerin im hinteren Paarkreuz auf. Ihre 17:5-Bilanz im Unterhaus lässt einiges erwarten, zudem erwies sie sich als äußerst doppelstark. Hinten wird auch die 26-jährige Chilenin Daniela Ortega zum Einsatz kommen. Nach dem Weggang von Bruna Takahashi verfügt die Liga somit auch weiterhin über eine Südamerikanerin.

Anna Hursey und der ESV Weil wollen sich im Oberhaus nicht verstecken, sondern den einen oder anderen Ligakonkurrenten richtig ärgern.

Natürlich werden wir in den kommenden Wochen noch mehr zu den einzelnen Mannschaften bringen und vor allem auch die Vereinsvertreter selbst zu Wort kommen lassen.

ttc eastside hat Großes im Visier: Erster Champions-League-Showdown am 07./08.09. in Berlin

Mittelham und Co. werden nach einem Jahr internationaler Pause diesmal auch wieder in der Women’s European Champions League am Start sein. Und da heißt es keineswegs „dabeisein ist alles“, sondern man strebt ganz konkret an, zum sechsten Mal den Königsklassen-Titel in die Hauptstadt zu holen. Bärenstarke Konkurrenten wollen das natürlich verhindern.

Das bescheidene Abschneiden in der Saison 2022/23 mit dem Aus im Viertelfinale und die Nichtteilnahme in der vergangenen Spielzeit haben dazu geführt, dass eastside sich über den Umweg eines Qualifikationsturniers für die Gruppenphase qualifizieren muss. Doch für die Fans ist das prima, können sie auf diesem Weg nämlich recht bald wieder Top-Damen-Tischtennis erleben und müssen sich nicht noch wochenlang gedulden. Der ttc eastside richtet nämlich das Qualifikationsturnier aus, das bereits am 7. und 8. September im Sportkomplex Paul-Heyse-Straße ausgetragen wird

„Wir sind ein wenig stolz darauf, dass wir das Quali-Turnier nach Berlin holen konnten. Zehn europäische Spitzenteams an einem Wochenende – mehr kann man Tischtennis-Fans und Sportbegeisterten zum Saisonauftakt nicht bieten“, freut sich eastside-Präsident Alexander Teichmann. „Unsere neue Halle, die „Heyse25“ wie sie unsere Fans mittlerweile nennen, ist optimal für solche TOP Veranstaltungen ausgelegt. Nachdem uns die Heyse25 beim Endspurt um die Deutsche Meisterschaft Glück gebracht hat, wollen wir von hier aus den Angriff auf die Champions League 2025 starten.“

Die zehn teilnehmenden Teams spielen in zwei Gruppen um die vier offenen Plätze, die an die beiden Gruppenersten vergeben werden. Der Gastgeber hat keine einfache Gruppe erwischt, doch das Weiterkommen ist Pflicht.

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Eine tolle Saison liegt vor uns. Genießen wir die Vorfreude. Und allen, die den späten Ligastart nicht abwarten können – zugegeben, uns geht es ähnlich –, kann man das Champions-League-Qualifikationsturnier am 7. und 8. September in der Hauptstadt nur wärmstens empfehlen.