„Es ist der Wahnsinn“

Weinheimer Nachrichten v. 5.6.2023

Frauen des TTC 46 Weinheim qualifizieren sich für das Finale um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft und treffen dort auf Berlin

„Es ist der Wahnsinn“

Weinheim. „Finale!“, rief Christian Säger, Tischtennis-Chef des TTC 46 Weinheim ins Mikrofon. Und die Mannschaft sang im Chor: „O-ho!“. Oho ist das wirklich, was die Damen des TTC 46 in dieser Runde abrufen. Der Lohn: Jetzt stehen sie im Finale der Deutschen Tischtennismeisterschaft! Am Freitag geht es zum Seriensieger ttc eastside Berlin, am Sonntag um 14 Uhr wird die Sporthalle des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Schauplatz des Rückspiels. Bei einem eventuellen Entscheidungsspiel hätten die Weinheimerinnen am Montag um 14 Uhr an gleicher Stelle noch einmal Heimrecht.

Die Voraussetzungen für diesen Showdown schaffte Weinheim erst im Halbfinale gegen Böblingen. Hier setzten sich die Frauen von Trainer Andreas Dörner zweimal durch. War die Begegnung am Freitag trotz des deutlichen Ergebnisses von 6:2 recht knapp, so war im Heimspiel in der „Heisenberg-Sauna“ gestern beim Zwischenstand von 5:1 der Finaleinzug schon geschafft. Ein Remis hätte Weinheim zum großen Endspiel genügt, doch dagegen hatte Mateja Jeger etwas einzuwenden. Die 28-Jährige setzte sich in ihrem Einzel gegen Mitsuki Yoshida durch und machte den 6:3-Erfolg nach ihrem Dreisatzsieg perfekt.

„Verrückt, was das bedeutet“

„Verrückt, was das für Weinheim bedeutet. Vor Kurzem hat die Mannschaft noch in der 2. Liga gespielt“, lacht die Kroatin erleichtert. „Vor dem Hinspiel am Freitag waren wir viel nervöser als heute, wo wir befreiter aufgespielt haben. Und jetzt stehen wir im Finale, Wahnsinn!“ Vor der Rekordkulisse von 350 Zuschauern in der viel zu heißen Heisenberg-Halle waren, wie bereits in Böblingen, wieder die beiden gewonnenen Doppel der Knotenlöser. „Ich war total angespannt, nach dem 2:0 wurde es dann viel besser“, atmete der völlig erledigte, aber erleichterte Christian Säger tief durch. Die einzelnen Sätze waren meist eng, aber letztlich stand für Bruna Takahashi und Mateja Jeger ein 3:1-Sieg gegen Gotsch/Yoshida zu Buche.

350 Zuschauer waren zugelassen, 350 kamen: Den historischen Tischtennis-Moment in Weinheim wollten sich die Fans nicht entgehen lassen. Und sie wurden belohnt. Bild: Thomas Rittelmann

Der Versuch Böblingens, durch Tausch der Doppel-Paarungen ein besseres Ergebnis zu erzielen, führte nicht zum Erfolg. Yuan Wan und Sophia Klee hatten es diesmal mit Kaufmann/Hartbrich zu tun und besiegten auch diese mit 3:0. Bruna Takahashi revanchierte sich für die klare Niederlage im Hinspiel an Annett Kaufmann mit ebenfalls 3:0, während sich Yuan Wan trotz heftiger Gegenwehr nicht gegen die Abwehrbälle von Qianhong Gotsch behaupten konnte.

Hinteres Paarkreuz entscheidet

Entscheidend war auch im Rückspiel die starke Leistung der beiden Weinheimerinnen im hinteren Paarkreuz. Mateja Jeger ist „eine Bank“. Wie so häufig unaufgeregt fertigte sie Leonie Hartbrich mit 3:0 ab, und auch Sophia Klee sicherte sich gegen Mitsuki Yoshida die Sätze 1 und 2 in der Verlängerung – mit dem Jubel der Fans machte sie den Sack schon zu. Ihr Sieg bedeutete den fünften Zähler und damit mindestens ein Unentschieden, was schon den Einzug ins Finale bedeutete.

Danach schien die Luft etwas raus. „Verständlich – das durchzuziehen ist wirklich schwer. Umso beeindruckender, wie Qianhong Gotsch dann Bruna Takahashi besiegt hat. Ein Vorbild an Einstellung“, konstatierte TTC-Trainer Andreas Dörner. Die 54-jährige Tischtennis-Legende, seit 20 Jahren für Böblingen aktiv, gewann das Geduldsspiel gegen Takahashi, deren gefürchteter Rückhand-Topspin nicht mehr zur Geltung kam. Auch Yuan Wan musste diesmal die Überlegenheit von Annett Kaufmann anerkennen.

Wie gewohnt ganz unaufgeregt: die „Mrs. Zuverlässig“ des TTC 46 Weinheim, Mateja Jeger.

Wie gewohnt sicher lieferte hingegen Mateja Jeger aber wieder einen Zähler ab durch ihr 3:0 gegen Mitsuki Yoshida zum Endstand von 6:3, sodass die Partie von Sophia Klee gegen Leonie Hartbrich nicht mehr in die Wertung eingehen musste. „Ich bin froh, dass wir auch im Heimspiel unsere Leistung gebracht haben“, sagte Klee, die sich, wie ihre Teamkolleginnen auch, fürs Finale keinen Druck macht. „Wir können das genießen und sind auf keinen Fall der Favorit“, sagt die Jüngste im Team. Auch mit Hinblick auf die zwei Siege gegen Berlin in der 1. Bundesliga, die Weinheim ja als Tabellenerster abschloss. „In den Play-offs beginnt alles wieder bei null.“

Der achtmalige Deutsche Meister und Championsleague-Sieger ttc berlin eastside setzte sich nach einem 5:5 in Bayern und einem 6:2 zu Hause gegen SV DJK Kolbermoor durch und richtet nun am Freitag (18.30 Uhr) das Hinspiel der Finalbegegnungen gegen den TTC 46 in Berlin aus. Das Weinheimer Team wird höchstwahrscheinlich schon am Donnerstagabend mit einem Kleinbus anreisen, um dann auch in Berlin zu übernachten, bevor es samstags wieder zurück nach Weinheim geht.

„Der Druck liegt komplett bei Berlin. Die haben schon so oft den Titel geholt, das wird auch jetzt wieder von ihnen erwartet“, sagt Mateja Jeger, die sich einfach nur auf die Spiele freut. „Vor allem auch deshalb, weil Giorgia Piccolin so doch noch zu ihrem Abschlussspiel in Weinheim kommt“, lacht Jeger. „Heute hat sie uns schon gefehlt und wir waren traurig, dass sie das nicht miterleben konnte.“ Wer weiß – vielleicht kommt trotz dieser Saison der Höhepunkte das Beste doch noch zum Schluss. Zuzutrauen ist dieser Mannschaft alles. AT/hol

Finalspiele: Freitag, 18:30 Uhr: ttc berlin eastside – TTC 46 Weinheim, Sonntag, 11. Juni, 14 Uhr: TTC 46 – Berlin (ein Entscheidungsspiel fände am Montag, 12. Juni, 19 Uhr ebenfalls in Weinheim statt).