Yuan Wan fühlt sich wie im Traum

 

Von Christian Rotter

Yuan Wan fiel der Matchwinnerin glücklich in die Arme. Die erst 18 Jahre alte Annett Kaufmann hat die verletzungsgebeutelten deutschen Tischtennis-Frauen mit zwei Einzelsiegen bei den Olympischen Spielen in Paris ins Viertelfinale geführt. Doch auch Wan, die in der Bundesliga für den TTC 1946 Weinheim aufschlägt, trug am Dienstag zum 3:2-Erfolg gegen die USA bei: Die 27-Jährige gewann ihr Doppel an der Seite von Xiaona Shan mit 3:0 gegen Rachel Sung/Amy Whang. „Das Doppel ist richtig gut gelaufen. Ich habe davon profitiert dass mich Xiaona geführt hat. Das hat mir ein bisschen die Nervosität genommen“, sagte Wan, die mit Deutschland nun im Viertelfinale am Mittwoch (10 Uhr) auf die favorisierten Inderinnen trifft.

Yuan Wan verpasst Revanche gegen Lily Zhang

Nervös durfte Wan bei ihrem bislang größten Auftritt auf internationaler Bühne auch sein. „Wenn mir jemand vor einigen Wochen gesagt hätte, dass ich bei Olympia für Deutschland spiele, hätte ich gedacht, dass er mich auf den Arm nehmen will“, betonte die Rechtshänderin. Ihr Einzel gegen Lily Zhang, die in der Weltrangliste unter den Top 30 steht, verlor Wang mit 1:3. Dabei hatte sie sich mehr vorgenommen: „Zuletzt habe ich im Januar gegen sie gespielt und mit 10:12 im entscheidenden fünften Satz verloren. Ich wollte mich revanchieren, doch in der einen oder anderen Situation hat mir wohl die Erfahrung gefehlt“, sagte Wan. Die 27-Jährige muss sich in Paris fühlen wie in einem Traum. Nach dem Olympia-Aus von Ying Han (Achillessehnenriss) rückte sie mit einer sogenannten P-Akkreditierung nach. Ein Einsatz war zunächst nicht vorgesehen, doch dann zog sich Nina Mittelham bei ihrem Zweitrunden-Aus im Einzel eine Bandscheibenverletzung zu. Gegen die USA wurde Wan ins kalte Wasser geworfen – und erledigte die Aufgabe laut Bundestrainerin Tamara Boros mit Bravour: „Sie hat dazu beigetragen, dass wir mit 1:0 in Führung gegangen sind, das war sehr wichtig.“ Kaufmann legte das 2:0 nach, es wurde jedoch noch einmal eng für Deutschland. Beim Stand von 2:2 fiel die Entscheidung im letzten Einzel, in dem Kaufmann kühlen Kopf bewahrte und dafür ein Sonderlob von Wan erhielt: „Annett ist die Zukunft des deutschen Frauen-Tischtennis. Das hat sie heute wieder gezeigt.“ Um das Beste für Deutschland zu geben, konzentrierte sich Wan in den vergangenen Tagen auf ihren Sport, bei anderen Events war sie in Paris noch nicht als Zuschauerin dabei. Ein Erlebnis wird dem Tennis-Fan aber in Erinnerung bleiben. „Auf einmal stand Andy Murray vor mir, das werde ich nie vergessen“, sagte Wan, die mit dem Team am Sonntag auch das Deutsche Haus besuchte. Nun richtet sie den Fokus auf das anstehende Viertelfinale. „Ich bin überglücklich, dass sich für mich in Paris ein Traum erfüllt. Ich versuche, das zu genießen. Gleichzeitig will ich alles in meiner Macht stehende tun, um mein bestes Tischtennis zu spielen und der Mannschaft zu helfen.“